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GR130 Teil 2: Puntagorda - El Tablado

Aktualisiert: 21. Juni

Der Tag der Wildhühner, der Ab und Aufs und des nicht enden wollenden Marsches: Von Puntagorda nach El Tablado auf dem GR130

Nach zwei Tagen „Auszeit“ in Puntagorda, in denen ich auf den Roque Palmero gerannt bin und den Hafen von Puntagorda besucht habe, geht es endlich mit der nächsten Etappe auf dem GR130 weiter. Und nicht alleine: ich konnte Marie dazu überreden, mich für ein paar Tage zu begleiten und so ziehen wir gegen 8:30 zusammen in Puntagorda los. Unser heutiges Ziel: El Tablado, ein kleines Dorf im äußersten Norden La Palmas. Das Airbnb, das ich gebucht habe, wirbt mit „End of the World“ -was schon mal vielversprechend klingt. Nach 3 Nächten im Hostel mit französischen Schnarchern (nach der ersten Nacht kamen leider noch weitere schnarchende Franzosen dazu) kann ich ein wenig Ruhe durchaus gebrauchen. Doch noch trennt uns ein Fußmarsch von ca. 30 Kilometern von unserer Ruhe. Wie lang sich diese 30 Kilometer ziehen können, werden wir im Laufe des Tages noch herausfinden (Spoiler: zwischendurch beschließen wir beide, nie wieder wandern zu gehen).


Schon der Start in Puntagorda ist beschwerlich: wie in den meisten Orten auf La Palma klettern wir zunächst eine steile Betonstraße, fast schon Mauer nach oben. Nur um dann an einer Landstraße wieder nach unten zu laufen. Irgendwie ahne ich es, will es aber noch nicht glauben: kann es sein, dass der restlich Tag ähnlich aussehen wird? Eigentlich dachte ich, wenn man nicht in den Bergen wandern geht sondern „nur“ einmal die Insel umrundet, macht man bestimmt nicht so viele Höhenmeter. Naja, hätte ich mir die geplante Tour auf meiner Wanderapp mal lieber genauer angeschaut: Von irgendwo müssen die 6.000 Höhenmeter ja kommen.



Wir marschieren also - noch recht munter - die erste Barranco (=auf deutsch Schlucht) hinunter und wieder nach oben. Dort erwartet uns ein Art Bauernhof mit gefühlt jeweils 100 Katzen und wilden Hühnern, die laut vor sich hin gackern und sich nicht von uns stören lassen.

Männer die auf Bäume starren

Durch frühlingshafte Blumenfelder geht es weiter in Richtung Norden nach Santo Domingo di Garafia. Wir kommen eher zufällig an einem riesigen Baum vorbei, der uns nur auffällt, weil wir 4 Männern begegnen, die eifrig Bilder von dem Baum schießen. Er muss wohl bekannt sein und ich erinnere mich, dass mir eine Mitbewohnerin davon erzählt hat.




Unterwegs beschließen wir, einen kleinen Umweg einzulegen, um den Hafen von Santo Domingo einen Besuch abzustatten und näher an der Küste zu sein. Wir verlassen also den GR130 und steigen auf dem LP 9.3 quasi auf Meereshöhe ab. Auch am Porte de Santo Domingo gibt es einige kleine Wochenendhäuser und nette Naturpools, für die aber leider die Brandung zu hoch ist. Wir liegen daher nur faul in der Sonne und genießen unser Mittagessen.






Das Städtchen Santo Domingo di Garafia, das wir nach unserer Pause anstreben, gleicht einer Geisterstadt: kein Mensch ist auf der Straße, die Cafes sind leer und der Supermarkt hat auch zu. In der kleinen Dorfkneipe, die zum Glück auf hat, hole ich mir frisches Wasser und ein Eis für den Weg. An sich aber ein schönes Örtchen, an dem wahrscheinlich am Wochenende oder mit mehr Touristen etwas mehr los ist.



Wir haben jetzt etwa die Hälfte der heutigen Etappe in den Beinen. Und es geht weiter im ständigen Auf und Ab. Der Norden La Palmas ist recht dünn besiedelt, was man direkt merkt. Wir kommen noch an einzelnen kleinen Häusern vorbei, größere Ortschaften gibt es hier aber nicht. Und wir begegnen ungefähr 100 mal mehr Wildhühnern als Menschen. Die Hühner (und Gockel) sind meistens sehr schüchtern und rennen gackernd vor uns weg. Hier im Norden ist es zudem noch grüner als auf der restlichen Insel und wir bewundern die Pflanzenwelt.


Nach einer gefühlten Ewigkeit und zahlreichen Höhenmetern freuen wir uns, als der Wegweiser uns sagt, dass es nur noch 3 Kilometer bis zu unserem Zielort sind. Und wir sehen unser Ziel, El Tablado, sogar schon. Allerdings sind es nochmal 3km, die es in sich haben: Die Barranco de Fagundo trennt Don Pedro, wo wir gerade stehen und El Tablado voneinandern. Das heißt: ein letztes Mal (für heute) komplett absteigen, um auf der anderen Seite wieder aufzusteigen.




Vom Aussichtspunkt La Ladera sieht man den Weg bereits, wie er sich steil die Schlucht entlangschlängelt. Wir atmen kurz durch und sammeln unsere letzten Reserven. Denn es geht steil auf losen Steinen nach unten, teilweise ist es auch ein bisschen ausgesetzt und hinfallen wäre nicht die beste Idee.


Gleichzeitig ist die Natur hier atemberaubend und wir müssen trotz der späten Stunde (es ist schon nach sieben und es dämmert langsam) dauernd stehen bleiben, schauen und Fotos machen. Die Pflanzen erinnern uns an Asien (oder wie wir uns Asien vorstellen, keine von uns war schon da :p) während die Schlucht an den Grand Canyon erinnert. Das Abendlicht tut ihr restliches und taucht die Umgebung in ein noch beeindruckenderes Licht.


Als wir fast am Barranco-Grund angekommen sind, hören wir über uns einige Bergziegen schreien. Ich hoffe, sie wollen uns nicht verscheuche, indem sie mit Steinen auf uns „werfen“. Doch sie verschonen uns, ihr Echo bleibt uns auf dem beschwerlichen Weg nach oben aber noch ein wenig erhalten.


Wir feuern uns gegenseitig an und sind wirklich froh, dass die Unterkunft direkt am Wanderweg GR130 liegt und als „Hikers Paradise“ beschrieben wird. Irgendwann erreichen wir sie dann auch und erleben noch eine kleine Überraschung, die man nach 30km und 1.700 Höhenmetern nicht unbedingt braucht: in unserem Airbnb wohnt schon jemand. Witzigerweise eine weitere Französin mit ihrem Sohn, die wir schon aus dem Hostel in Puntagorda „kennen“. Also immerhin niemand Fremdes in unserem Haus. Ich rufe die Besitzerin an, die zum Glück Deutsch spricht. Es stellt sich schnell heraus, dass die Französin in der falschen Unterkunft ist und ein anderes Haus in dem Ort gebucht hat. Woher sie allerdings wusste, wo der Schlüssel versteckt war - das wissen die Götter.




Wir sind zu müde, um darüber nachzudenken und können nur darüber lachen. Nach einer heißen Dusche und einem schnellen Abendessen (Nudeln mit Gemüse, das wir den ganzen Tag mit rumgeschleppt haben, da es in diesem Ort keinen Supermarkt gibt und die Bar schon zuhat), gehen wir ziemlich schnell ins Bett und schlafen sofort ein.

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