Italien auf Touristenpfaden
Aktualisiert: 23. Juni
Toskana, Ligurien oder doch Südtirol? Im Entscheidungen treffen war ich schon immer schlecht, warum also nicht ein bisschen was von allem?
Vom Garmischer Winter nach Florenz
Mal wieder hole ich mir ein Interrail-Ticket und mal wieder geht es mit dem Zug über den Brenner. Erster Stop meiner Italienrundreise ist Florenz - dort wollte ich schon seit Ewigkeiten mal hin. Zudem ist das Timing super, da ich dort Sandro aus der Schweiz treffe, der gerade seine Wanderung auf dem E1 beendet hat, zumindest für dieses Jahr. Florenz ist wunderschön und unser Airbnb liegt genial oberhalb der Stadt - über die Via Bolognese kommen wir da zum Glück flott mit dem Bus nach oben und müssen nicht laufen. Leider ist die Stadt auch ziemlich überlaufen mit „Touristen“, über die wir uns in den nächsten Tagen noch ziemlich aufregen werden. Und dabei ein wenig übersehen, dass wir ja selbst welche sind. Eigentlich wollte ich mal wieder ein wenig kulturell unterwegs sein in Florenz, aber für die meisten Museen braucht man eine Vorreservierung, die ich leider nicht habe.
Wir schlendern daher einfach gemütlich durch die Stadt, haben uns ein paar Punkte auf Google Maps markiert, die wir besichtigen wollen (Vintage- und Buchläden sind es bei mir). Die meiste Zeit lassen wir uns einfach treiben und entdecken zufällig einen noch nicht ganz so überlaufenen Aussichtspunkt auf einem alten Wehr. Wir haben Glück, denn kurz nach unserem Besuch wird die Terrasse geschlossen - wegen Regen.
50 shades of Lucca
Vom quirrligen Florenz fahren wir weiter in das deutlich kleinere und gemütlichere Lucca. Von Stadtmauern umschlossen ist die Altstadt von Lucca in zigtausend Brauntönen gehalten - so wie man sich die Toskana vorstellt. Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, einmal auf der Stadtmauer von Lucca joggen zu gehen - das erste Mal seit einigen Wochen und ich bin ziemlich lahm unterwegs.
Cinque Terre und zumindest ein kurzes Bad im Meer
Über La Spezia geht es von der Toskana nach Ligurien an die Cinque Terre. Die 5 ehemaligen Fischerdörfchen am Mittelmeer haben in den letzten Jahren einen gigantischen Tourismusboom erlebt. So sind die Wanderungen zwischen einigen Dörfern nur noch mit Eintrittskarte und gegen Gebühr machbar. Zudem gibt es strenge Vorgaben, wie man den Nationalpark betreten darf - mit Flip Flops und Sandalen wird man gar nicht erst reingelassen.
Wir geben uns den Trubel auf den Wanderwegen nicht und erkunden die anderen Dörfer mit der Bahn. Monterosso und Vernazza sind hübsch, aber leider komplett überlaufen und überteuert. Wir gönnen uns trotzdem Fish & Chips und schauen den ziemlich hohen Wellen zu.
Wir haben eine Unterkunft in Corniglia gefunden, einem der ruhigeren Dörfer, so kommt es uns zumindest vor. Vielleicht hat das damit zu tun, dass man vom Bahnhof ca. 200 Höhenmeter überwinden muss, um in das Dorf zu kommen? Unser Zimmer gleicht eher einem Loch und unter dem kleinen Fenster sind Mülltonnen platziert. Wir sind aber die meiste Zeit draußen unterwegs, denn in Corniglia gibt es eine kleine Boots-Anlegestelle, die unser Lieblingsort wird. Einmal können wir sogar kurz ins Meer hüpfen, da die Wellen nicht ganz so hoch sind.
Bevor wir weiterreisen, mache ich noch eine kleine Morgenwanderung von Corniglia nach Manarola. Ich hab nicht nur Glück, den Sonnenaufgang mitzubekommen, sondern habe auch eine echt schöne Tour rausgesucht, auf der ich nichts zahlen muss und so früh am Morgen auch keine Leute treffe. Manarola ist zudem noch am schlummern und noch nicht ganz so überfüllt mit diesen Touristen.
Die Gegend hier erinnert mich ziemlich an La Palma - steile Küstenabschnitte, aber auch die Vegetation und teilweise recht wilde Bauweisen. Nur die ganzen Amis haben La Palma zum Glück noch nicht entdeckt.
Die Überraschung: Santa Margharita Ligure
Wir folgen der ligurischen Küste weiter nach Westen und unser nächster Stop ist Santa Margharita Ligure, nicht weit von Genova entfernt. Am Hafen machen wir Mittagspause und bestaunen die Boote, Palmen und prachtvollen Häuser. Zu unserer Unterkunft müssen wir fast 200 Höhenmeter über einen Steig mitten in der Stadt überwinden - doch der Blick ist auch hier wieder unglaublich. Wir kochen daher auf dem Gaskocher Pasta und genießen den Sonnenuntergang.
In Ligurien kann man übrigens wunderbar wandern - die Küste geht teilweise direkt in die ersten Hügel über. Wir starten trotz schlechter Wettervorhersage eine kleine Wanderung auf dem Monte Portofino. Wirklich viel Sicht haben wir leider nicht, aber eine sehr gemütliche Mittagspause am „Tutti Frutti Strand“ San Fruttuose. Da die See auch heute wieder ziemlich wild ist und so gar nicht dem entspricht, was man über das Mittelmeer weiß, können hier heute „leider“ keine Schiffe anlegen. Unser Glück, denn wir können uns grob vorstellen, was hier sonst los wäre, wenn diese Touristen mit dem Boot hier herfahren würden. Leider hat aber auch die Strandbar zu, einen Cappuccino hätte ich schon gerne getrunken.
Wir laufen weiter nach Portofino und es gibt nochmal einige tolle Ausblicke auf die Küste - La Palma Feeling inklusive. In Portofino gibt es dann das teuerste Eis bisher - 14€ für zwei Waffeln. Generell erinnert mit Portofino ein bisschen an St. Moritz mit vielen schicken Edelboutiquen und -Restaurants.
Mit Chaos im Gepäck nach Südtirol
Der letzte Stopp unserer kleinen Oberitalien-Rundreise ist Südtirol. Dort besuchen wir Freunde von Sandro im Vinschgau. Doch erstmal müssen wir dort ankommen - nicht ganz einfach mit wenig Umsteigezeit und italienischer Püntklichkeit. Wir machen uns noch vor Sonnenaufgang auf den Weg nach Genua, aber schon der erste Zug hat Verspätung und wir verpassen den Anschluss. Eine unfreundliche Bahnmitarbeiterin will uns leider nicht ohne Zusatzkosten auf einen schnelleren Zug umbuchen. Zähneknirschend zahlen wir das Geld und steigen in den Zug nach Mailand.
Eigentlich hätten wir dort 2 Stunden Aufenthalt gehabt und die Zeit nutzen können, um einen kleinen Spaziergang in der Innenstadt zu machen. Jetzt reicht es nur für einen Cappuccino in der Bahnhofskneipe an einem runtergekommenen Mailänder Vorstadtbahnhof - die aber dafür ganz untouristisch ist. Im Gegensatz zu den Einheimischen bleiben wir aber erstmal noch nüchtern.
Am Gardasee vorbei fahren wir nach Verona - eine tolle Bahnstrecke, nur leider mit eingeschränkter Sicht. Ab hier kenne ich den Großteil des Weges schon ziemlich gut - östlich am Monte Baldo Massiv vorbei geht es über Bozen und Meran nach Latsch in Südtirol. Dort empfangen uns Klaus und Gisela mit frischen Esskastanien, die wir über dem Feuer braten, Speck und Käse. Alle drei sind schon die 3.000 Kilometer lange Langstreckenwanderung „Te Araroa“ auf Neuseeland gegangen, die auch auf meiner To Do Liste steht und kennen sich darüber. Ich lausche daher mit Begeisterung den Wander- und Reisegeschichten und würde am liebsten sofort einen Flug nach Neuseeland buchen und loslaufen.
Eigentlich dachten wir, dass wir den beiden ein bisschen bei der Apfelernte helfen können. Leider sind die Regeln in Italien sehr streng für Erntehelfer und wir bräuchten eine Steuernummer und Arbeitsvertrag, um mithelfen zu dürfen. Beides ist auf die Schnelle schwierig zu bekommen, daher erkunden wir die Gegend um Latsch ein bisschen, schlendern durch die Weinberge und Apfelplantagen und kümmern uns ums Abendessen.
Zurück nach Garmisch
Wie schnell die letzten 10 Tage vergangen sind, begreife ich erst, als ich schon wieder im Zug zurück sitze und diese Zeilen schreibe. Die weißgezuckerten Berge und Temperaturen sprechen dafür, dass der Sommer doch so langsam vorbei ist. Will ich das schon akzeptieren - oder verlängere ich den Sommer nochmal irgendwo? Das weiß ich selbst gerade noch nicht so ganz genau.
In Garmisch werde ich dann zufällig von guter Musik und tanzenden Menschen empfangen. Don't stop me now von Queen ist der letzte Song des Abends - ob mir das Universum damit irgendetwas mitteilen möchte?
'Cause I'm having a good time (Don't stop me now) Yes, I'm havin' a good time I don't want to stop at all, yeah