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Kurztrip nach Fuerteventura

Aktualisiert: 21. Juni

Kilometerlange Strände, Sanddünen und Parties like in 2019.


Fuerteventura ist das komplette Gegenteil von La Palma: wenig grün, kilometerlange Strände und sehr viel Tourismus und Menschen. Im Stadtzentrum von Corralejo, einem der Touri-Zentren, könnte man fast denken, sowas wie Corona gäbe es aktuell nicht. Die Restaurants und Bars sind voll, Masken werden meistens unterm Kinn getragen und die Abstandsschilder sind wohl eher zum Spaß da. Die Stimmung ist ausgelassen und man hat das Gefühl, Europas komplette Gen Y (oder zumindest der Teil, der es sich leisten kann), ist auf Fuerteventura.


Für das Party machen bin ich aber nicht nach Fuerteventura gekommen. Eine Freundin aus München ist 2 Wochen auf Fuerte und wir wollen ein paar Tage zusammen Beachvolleyball spielen.

Nachfähre nach Fuerteventura

Die Anreise war schon ein Abenteuer für sich. Über Gran Canaria bin ich mit der Nachtfähre von Las Palmas nach Puerto del Rosario in den Nordosten von Fuerteventura geschippt. Die Schlafkabinen waren mir zu teuer, daher hab ich im gemütlichen Großraumabteil ein Plätzchen gefunden. War aber besser als gedacht und ich konnte sogar ein bisschen schlafen, nachdem ich mich auf einer der Couches breitgemacht habe. Laut Schildern ist es eigentlich verboten, sich hinzulegen oder ein Zelt aufzubauen - wer das auf einer Fähre hinbekommen hat, Respekt. Ich hab es aber einfach den Einheimischen nachgemacht, die sich ein Bier an der Bar geholt haben, ihre Decken aus den Taschen gezogen haben und sich wie selbstverständlich hingelegt haben.


Pünktlich um 5:30 und damit noch vor Sonnenaufgang kommen wir auf Fuerteventura an. Natürlich hat noch alles zu, als ich zur Bushaltestelle torkel, die sich leider ein Stückchen vom Hafen entfernt befindet. Die Hoffnung auf einen Cortado, einen Espresso mit einem Schuss Milch, gebe ich daher schnell auf. Der überdimensionale Busbahnhof empfängt mich dafür, und ich bin trotz der frühen Stunde nicht die einzige Passagierin, die nach Corralejo in den Norden fährt.


Die nächsten 4 Tage sind alle sehr entspannt und ähnlich: wir stellen uns keinen Wecker, starten gemütlich in den Tag und radeln irgendwann zum beachen mit einer witzigen internationalen Truppe: Julia aus Russland, Fabio (der nur am quasseln ist) Julio und Leti aus Italien, ein Argentinier ohne Namen, Harry der Musiker, Krol aus Polen, ein spanisches (oder französisches) Pärchen, ein kleiner Brasilianer und einige Deutsche (die es ja überall gibt).




Nachmittags chillen wir dann meistens noch ein bisschen am Strand. Es ist allerdings superwindig, daher muss man sich geschützte Stellen suchen, um es einigermaßen gemütlich zu haben. Für die Kiter und Surfer ist es aber das Paradies. Ich wundere mich die ganze Zeit, wie sie es schaffen, nicht ineinanderzufahren oder ihre Seile komplett miteinander zu verheddern.





Radtour zum Park Hollandaise

Unsere Räder nutzen wir auch aus und machen eine kleine Tour durch das Naturschutzgebiet südlicher von Corralejo. Die riesigen Dünen sind wunderschön - aber leider nicht so geschützt wie man es sich vorstellt. Mitten durch die Dünen führt nämlich eine gut befahrene Straße und zwei Hotelbunker zerstören das Panorama minimal. Wir radeln daher auch die ganze Zeit an der Straße entlang, wobei ich auf meinem Mountainbike ab und zu mal die Pisten neben der Straße nehme.



We are full since January. Whole Europe is here to party.

Erklärt uns ein Kellner, als wir abends nach einem Tag voller Beachvolleyball spielen nach einem Tisch für uns fragen. Er klingt dabei nicht unbedingt begeistert. Und auch mich regt die Situation zum nachdenken an: auf den ersten Blick könnte man meinen, die Einheimischen freuen sich über den Umsatz, den die Touristen und digitalen Nomaden mitbringen. Im Vergleich mit anderen Regionen und Ländern dürfen hier Restaurants, Bars und Läden relativ normal öffnen und Gäste empfangen. Und viele nutzen das natürlich aus und kommen nach Fuerteventura, um ein Stück normales Leben zurückzubekommen: Parties, sich mit vielen Leuten treffen und nicht an das Virus denken. Wer könnte es ihnen auch verübeln?


Aber wie das wohl die Menschen sehen, die auf den Kanaren leben? Die im Supermarkt alle Zugroasten abkassieren, ihnen Bier an der Bar und Tapas im gerammelt vollen Restaurant servieren? Also ständig von vielen Menschen umgeben sind und sich dem Risiko einer Ansteckung aussetzen. Und die daheim vielleicht einen Ehepartner haben, der zur Risikogruppe gehört oder sich um die betagten Eltern kümmert?


Und gleichzeitig hört man hier von Ausländern (wie mich), die auf die Kanaren flüchten, um ein angenehmeres Leben als aktuell in Berlin, Paris oder Rom führen zu können. Und sich beschweren, wie nervig die ganze Testerei und das Masken tragen doch ist. Oder noch schlimmer: sich anstecken und dann untertauchen. Leider eine Geschichte, die ich hier über 5 Ecken mitbekommen habe: Leute stecken sich an, verbreiten das Virus schön weiter, melden ihre Erkrankung aber nicht. Facebook-Profile und Whatsapp-Kontakte gibt es dann auf einmal nicht mehr. Warum: Um nicht in Quarantäne zu müssen oder damit der Arbeitgeber nicht mitbekommt, dass man aktuell (unerlaubt) im Ausland arbeitet. Und wahrscheinlich auch, weil man Angst davor hat, von den Bekanntschaften hier gemobbt zu werden, wenn man seine Kontaktpersonen offen angibt.


Relikte des Massentourismus

Was mich außerdem nachdenklich und traurig gemacht hat auf Fuerteventura: die doch recht zahlreichen Hotelruinen, die man hier sieht. Riesige Projekte, die dann halbfertig einfach stehen gelassen und sich selbst überlassen werden. Einige werde zumindest von Yoga-Enthusiasten besetzt und erfüllen damit zumindest irgendeinen Zweck.



Back Home

Dafür bin ich noch glücklicher als vorher,gerade wieder auf La Palma gelandet zu sein. Es ist alles so entspannt hier: zwischen der Landung, zum Gate laufen und das Gepäck abholen und weiter zur Bushaltestelle sind es genau 8 Minuten. Acht! Hoffentlich bleibt La Palma so wie es ist und vom Massentourismus verschont!



Fun Fact: 2 Minuten nachdem ich diese Zeilen geschrieben haben, sehe ich das erste „ Tui - Mein Schiff“ in La Palma - neeeeeeein. Zum Glück legt es gerade ab - Adios!

Die Ankunft am Flughafen in La Palma hat mich ein bisschen sentimental gemacht: es ist nämlich ziemlich genau 3 Monate her, als ich zum ersten Mal hier ankam und sofort schwer begeistert war. Ich frage mich manchmal, wie meine Zeit auf den Kanaren so gewesen wäre, hätte ich mich für eine andere Insel entschieden. Hätte es mir auf Teneriffa oder Gran Canaria vielleicht besser gefallen? Was hätte ich dort für Leute kennengelernt - oder wär ich vielleicht alleine geblieben?



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